Hallo
Heute hat uns der Wecker um 5:20 Uhr aus dem Bett geschubst.
Schon beim ersten Blick auf die Küste sah man deutlich, was Hurrikan Melissa hier vor drei Wochen angerichtet hat. Umgestürzte Bäume, zerstörte Dächer, Stromleitungen wie Spaghetti nach einem schlechten Date. Es macht traurig, das so aus nächster Nähe zu sehen.
Und gleichzeitig passiert etwas Seltsames: Dort, wo das Touristenschiff anlegt, ist alles picobello. Gehwege sauber, Strom da, alles sauber. Wir waren ehrlich gesagt ziemlich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite die Verwüstung, die Menschen, die kämpfen. Auf der anderen Seite dieser perfekt hergerichtete Bereich für uns Gäste. Eine doppelte Gefühlswelt – und man ertappt sich dabei, wie man glotzt. So wie bei einem Unfall: schrecklich… und trotzdem sieht man hin.


Um 8:45 Uhr trafen wir wieder unseren Guide Steven, er fuhr mit uns anderthalb Stunden nach Negril – und dann standen wir da, 12 Kilometer Sandstrand. Weiß. Breit. Wunderschön. Und leer. Also wirklich leer. So leer, dass man hätte denken können, jemand hätte Jamaika für uns reserviert. Normalerweise stehen hier Touristen, Hotels, Sonnenschirme – aber weil viele Reiseveranstalter ihre Touren nach dem Hurrikan gestrichen haben, waren wir die einzigen weit und breit. Unser Guide hat uns trotzdem ein kleines Paradies organisiert. Eine Strandbar mit Solarstrom, funktionierenden (!) Toiletten und einer winzigen Bar. Nichts Luxuriöses, aber liebevoll improvisiert – und genau das machte es schön.
Auf dem Weg dorthin kamen wir durch eine Stadt, in der Menschen für Wasser, Seife und Grundbedarf anstehen mussten. Das sitzt. So etwas sieht man nicht im Katalog unter „Karibik-Highlights“. Unser Guide wollte uns eigentlich die berühmten jamaikanischen Bananen zeigen – Kochen, Braten, Frittieren, alles dabei. Nur… es gab keine. Hurrikan Melissa hat die großen Stauden einfach umgelegt wie Dominosteine. Der Händler am Markt freute sich trotzdem riesig, dass wir Ananas und Muskatnuss gekauft haben. Man merkte richtig, wie viel es ihm bedeutet hat, dass Besucher überhaupt wieder da sind.


Am Strand selbst war die Freude über unseren Besuch richtig spürbar. Kein künstliches Touri-Lächeln – ehrliche Dankbarkeit, dass Leute zurückkommen, Geld dalassen und damit ein Stück Normalität mitbringen. Thomas hat mir eine Massage am Strand spendiert, so etwas wollte ich schon immer. Die Massage war richtig toll und ich habe es so genossen.








Am Ende bleibt ein Tag, der nachwirkt.
Wir haben heute so viel erlebt, dass es schwer ist, die Gefühle sauber voneinander zu trennen:
Schönheit und Zerstörung, Urlaubsfreude und Mitgefühl, Lachen und bedrückte Stille.
Vielleicht macht genau das diesen Tag so besonders.
Und trotzdem… oder gerade deshalb… bleiben Humor, Sonne und das Gefühl, dass auch kleine Besuche für die Menschen hier etwas bedeuten.
Ein Tag der bleibt – im Kopf und im Herzen.
Liebe Grüße, Michi und Thomas